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Teilprojekt zentrale Integrationsdimensionen von Governance in kommunalen Ernährungssystemen

Politik-Markt-Wissen als zentrale Integrationsdimensionen von Governance in kommunalen Ernährungssystemen

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Albert- Ludwigs-Universität untersuchen Politik, Markt und Wissen als zentrale Integrationsdimensionen von Governance in kommunalen Ernährungssystemen.

Politikintegration | Marktintegration | Wissensintegration

Politikintegration

Ernährung spielt in den Städten in verschiedenen Bereichen eine zentrale Rolle, z.B. wenn es um das Angebot der Schulmensen geht, um zivilgesellschaftliche Aktivitäten wie Urban Gardening Initiativen, um einen wöchentlichen Bauernmarkt mit Produkten aus der Region oder um die Ausweisung einer Gewerbefläche für den Lebensmittelhandel. Als Thema der städtischen Politik wird Ernährung jedoch nur selten explizit aufgegriffen und strategisch zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen eingesetzt.

An diesem Punkt setzt das Teilprojekt „Politikintegration“ an, in welchem Ernährung im städtischen Kontext als ein Thema verstanden wird, das verschiedene politische Sektoren (z.B. Umwelt, Verkehr, Landwirtschaft, Bildung, Gesundheit), Akteursgruppen (z.B. Verwaltung, Parteien, Vereine, Verbände, Einzelpersonen) und Handlungsebenen (z.B. Gemeinde, Bundesland, Nationalstaat, EU) betrifft. Die Verknüpfung von verschiedenen politischen Sektoren, Akteursgruppen und Handlungsebenen wird in der politikwissenschaftlichen Forschung unter dem Konzept der Politikintegration diskutiert, die insbesondere vor dem Hintergrund der Transformation zur Nachhaltigkeit an Bedeutung gewinnt.

Ziel des Teilprojektes „Politikintegration“ ist es, hindernde und unterstützende Faktoren der Integration des Ernährungssystems in das Politiksystem einer Kommune zu untersuchen. Dazu wird in den zwei Partnerstädten Waldkirch und Leutkirch untersucht,

- welche kommunalen Akteurinnen und Akteure direkt und indirekt an der politischen Steuerung des Ernährungssystems beteiligt sind und in welcher Weise sie miteinander in Beziehung stehen (Akteursanalyse);

- wie die Ernährungssysteme in den öffentlichen Diskursen in den Kommunen gerahmt werden (Frame Analyse) und

- welche Programme und politischen Instrumente der kommunalen sowie der supra-kommunalen Ebenen direkt und indirekt zur Steuerung der kommunalen Ernährungssysteme beitragen (Policyanalyse).

Diese Fragestellungen werden im Rahmen des Teilprojektes mit einem Mix aus Methoden empirischer Sozialforschung bearbeitet, wobei der Fokus auf Interviews, Dokumentenanalysen und Befragungen liegt.

 

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Marktintegration

Die Produktion von und die Versorgung mit Nahrungsmitteln sind einer zunehmenden Internationalisierung und Spezialisierung unterworfen. Dies begründet sich in immer komplexeren Produktions- und Distributionsprozessen, der ganzjährigen Verfügbarkeit des Nahrungsmittelangebots sowie einer starken Konzentration des Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland. Marktakteure sind heute bereits auf lokaler Ebene in zunehmend komplexe Nahrungsmittelmärkte eingebunden, welche in ihrer Multiskalarität über regionale, nationale und globale Räume bis in weit entfernte Peripherien reichen.

Auf kommunalpolitischer Ebene werden Möglichkeiten der Gestaltung und Steuerung von Märkten für Nahrungsmittel als entsprechend begrenzt erlebt. Gleichzeitig ist jedoch eine Vielzahl an Akteuren in den Kommunen an Prozessen der Produktion, Verarbeitung, Versorgung und Entsorgung von Nahrungsmitteln beteiligt und über diese untereinander vernetzt. Diese wirtschaftlichen Beziehungen manifestieren die jeweiligen kommunalen Nahrungsmittelmärkte. Sie formen Marktnetzwerke, welche von einer Vielzahl an Marktpraktiken und Entwicklungsdynamiken geprägt sind. Die Analyse dieser Marktnetzwerke, Marktpraktiken und Dynamiken bilden die Grundlage dieses Teilprojekts. Sie sollen anhand leitfadengestützter Interviews mit verschiedenen Marktakteuren in den Projektkommunen sowie durch die Analyse von Sekundärquellen erfasst werden und u. a. mit Methoden der sozialen Netzwerkanalyse untersucht und dargestellt werden.

Das Ziel des Teilprojektes ist es, Ansatzpunkte für Gestaltungsmöglichkeiten kommunaler Nahrungsmittelmärkte im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung für lokale Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu identifizieren. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Märkten für Produktion, Verarbeitung, Versorgung sowie Entsorgung von Nahrungsmitteln. Dabei soll untersucht werden, mit welcher Intensität kommunale Ernährungssysteme von vorhandenen Marktstrukturen geprägt werden. Zusätzlich soll die Übertragbarkeit des erarbeiteten Analyserahmens auf andere Kommunen abgeschätzt sowie allgemeine Empfehlungen für die politische Gestaltung kommunaler Ernährungsmärkte abgeleitet werden.

 

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Wissensintegration

Ernährung im kommunalen Kontext ist stark von spezifischen Verhaltensroutinen, so genannten ‚sozialen Praktiken‘, und lokalen Wissensbeständen geprägt. In diesem Subteilprojekt werden in und mit den Städten Waldkirch und Leutkirch im Allgäu innovative ernährungsbezogene Projekte und Initiativen identifiziert und zum Teil angestoßen und anschließend in Hinblick auf nachhaltigkeitsrelevante soziale Praktiken und die damit verbundenen Wissensbestände und ‑netzwerke untersucht. Unter Ernährungspraktiken sind dabei alle Aktivitäten in Zusammenhang mit Produktion, Verarbeitung, Verteilung, Konsum und Entsorgung von Lebensmitteln gemeint.

Mögliche Fallstudien, welche erst im Laufe des Projekts und unter Einbindung der lokalen Akteure bestimmt werden, sind zum Beispiel Initiativen der Direktvermarktung, der zivilgesellschaftlichen Mobilisierung (etwa im Bereich „urban gardening“ oder „food sharing“), Aktivitäten im Feld der Bildung für Nachhaltigkeit sowie kommunale Aktivitäten in nationalen und internationalen Netzwerken. In der Analyse der Fallstudien wird einmal ein besonderes Augenmerk auf soziale Praktiken (etwa in der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen, der Verteilung von Lebensmitteln, der Zubereitung von Speisen, dem Umgang mit Lebensmittelabfällen etc.) gelegt. Zum Zweiten legt das Projekt einen Schwerpunkt auf Fragen des Wissens, wobei unter anderem ergründet werden soll, welche Akteure innerhalb der Kommunen über ernährungsrelevantes Wissen verfügen, in welche Wissensnetzwerke sie eingebunden sind und wie der Wissensaustausch über Netzwerke hinweg funktioniert.

Ziel des Projekts ist es letztendlich, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie mit unterschiedlichen Wissensbeständen und Kompetenzen von Akteuren auf kommunaler Ebene erfolgreich umgegangen werden kann. Auf Grundlage der wissenschaftlichen Analyse sollen verallgemeinerbare Handlungsempfehlen abgeleitet und Prozesse des Wissensaustauschs und des sozialen Lernens angestoßen werden.

 

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